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Menschen mit
Pferden stark machen
Die Tiere reden nicht, sie fühlen und nehmen Dinge an uns wahr, die sie durch ihre Reaktion zeigen. Wir Menschen versuchen die Wünsche und Stimmungen des Tieres zu erkennen und werden aktiv, vor allem Kinder lernen, sich auf ein Gegenüber gefühlsmäßig so einzustimmen, dass neben den eigenen Bedürfnisse auch die des anderen im Vordergrund stehen.
Sie müssen die Persönlichkeit des Pferdes erkennen und sich darauf einlassen, um in Kontakt mit ihnen zu treten. Nur daraus kann Kommunikation entstehen, die verbal sowie nonverbal ausgeführt wird.
Kindern spielerisch vertrauen lernen!
Durch das Pferd als Medium steht die individuelle Förderung der Entwicklung, d.h. des Befindens und des Verhaltens im Vordergrund. Dabei wird der Mensch in seiner Ganzheit auf körperlicher, geistiger und emotionaler Ebene angesprochen.
Das Pferd vermittelt diese Ganzheitserfahrung, weil es den Menschen über alle Sinne anzusprechen vermag. Über seine Bewegung geht das Pferd in einen Bewegungsdialog mit dem auf seinem Rücken Sitzenden. Dadurch wird eine bessere taktile Wahrnehmung möglich, daraus entwickelt sich später Selbstbewußtsein: Äußere Haltung ist immer auch Ausdruck einer inneren Haltung und umgekehrt.
Über die Änderung äußerer Haltung kann das Innere berührt, bewegt und dadurch geändert werden. Durch die Möglichkeit mit dem Pferd über die Bewegung, die Körpersprache und die Empfindung in einen Dialog zu kommen, erhalten besonders körperlich mißbrauchte Kinder eine Möglichkeit ihren Körper positiv zu erleben. Durch das Pferd als warmes, weiches und sich immer wieder anders bewegendes Geschöpf bauen sie wieder eine eigene Körperwahrnehmung auf und lernen in der Arbeit auf dem Pferd eigene Gefühle zu benennen und einzuschätzen.
Der zunehmend sicherere Umgang mit dem Pferd, der immer wieder durch die Reaktion des Pferdes positiv verstärkt wird, stärkt das Selbstbewußtsein. Das Kind lernt durch die Reaktionen des Pferdes sein Handeln selbst einzuschätzen, es kann sich selbst positive Rückmeldung geben, wenn es erfolgreich ist.
Damit wird es unabhängig von Meinungen dritter. Die Selbstsicherheit wird aufgebaut und die eigene Wahrnehmung verfeinert, das Kind lernt eigenen Empfindungen trauen.
Der Umgang mit Pferden und das Reiten ist für viele die Erfüllung eines langgehegten Wunsches. Sie sind deshalb extrem motiviert bei der Arbeit mit Pferden, mit ihnen in Kontakt zu kommen und ihre „Sprache“ zu erlernen, sowie für sie zu sorgen.
Die Kinder lernen dadurch von Beginn an unbewußt und spielerisch neue Verhaltensstrukturen kennen und einschätzen. Besonders bei erziehungsschwierigen Kindern die Widerstände in verschiedenen Bereichen aufgebaut haben, ist diese Form von „unbedingtem“ Lernen eine Möglichkeit die Blockaden zu lockern und abzubauen.
Es bedarf schon einiger Mühe, längere Zeit mit Pferden zu verbringen, ohne die verschiedensten Reize von ihnen wahrzunehmen und bewußt, oft aber auch unbewußt darauf zu reagieren.
Kinder, die keine ausreichende Bewegungserlebnisse in ihrer Umwelt sammeln können, leiden unter motorischen Entwicklungsstörungen und Störungen der Grob- und Feinmotorik. Allein das passive Sitzen auf dem Pferd im Schritt überträgt 90 bis 120 Bewegungsimpulse pro Minute.
Durch die unterschiedliche Intensität der Bewegungen können die Kinder wieder Vertrauen zu Bewegungen und unkontrollierte Bewegungsimpulse, auf die sie spontan reagieren müssen, aufbauen, bis hin zum Mut zum Galoppieren! Beim Galoppieren macht das Pferd einen Sprung mit einer Schwebephase, in der das Pferd nicht den Boden berührt. Dieser Sprung ist wie ein Sprung ins Ungewisse, ein Risiko, eine Mutprobe.
Das Pferd sendet dreidimensionale Bewegungsimpulse aus, die durch kein „Trainingsgerät“ erzielt bzw. ersetzt werden können. Zudem baut sich, unterschiedlich schnell, ein Vertrauensverhältnis zwischen Pferd und Reiter auf, dass dem Reiter die Sicherheit für die Bewegung gibt, da er weiß, dass er nach jedem Schritt oder Sprung wieder aufgefangen und getragen wird.
Scheidung einer Ehe bedeutet für Kinder oftmals eine große emotionale Krise. Kinder hängen in großer Loyalität an beiden Elternteilen, eine Trennung bringt sie in schwere Konflikte.
Häufig fallen sie in frühere Entwicklungsstadien zurück, nässen plötzlich wieder ein, weisen Sprachstörungen auf oder lutschen am Daumen. Ihr Vertrauen in die Tragfähigkeit menschlicher Beziehungen ist aufs tiefste erschüttert, emotionaler Rückzug ist angesagt. In solchen Situationen brauchen Kinder Hilfe. Pferde lassen Kontakt zu, erwidern und suchen ihn beim Menschen.
Der Kontakt zum Pferd basiert auf Körpersprache, auf dem wortlosen Herausfinden, was der andere braucht und was er mag. Das Pferd trägt und erträgt uns mit all unseren Lasten, Bedrängnissen und Nöten. Es hat eine starke energetische Ausstrahlung und bringt uns wieder auf den Boden der Tatsachen, den wir mit unseren Ängsten oft verlassen. So kann es dem Kind helfen, verborgene Gefühle wahr zu nehmen und zu äußern.
Ein weiteres wichtiges Gebiet ist die Wahrnehmungsschulung mit dem Pferd bei wahrnehmungsgestörten Kindern. Diese Kinder vermeiden Bewegungen, da diese häufig angstauslösende, nicht zu bewältigende Aufgaben darstellen. Pferde bieten gradezu ideale Bedingungen, um das Gleichgewicht zu schulen, denn reiten, auf dem Pferd sitzen ist eine einzige Gleichgewichtsübung.
Bei wahrnehmungsgestörten Kindern werden gezielt der taktile (Tastsinn), der olfaktorische (Geruchssinn), der propriorezeptive (Eigenwahrnehmungssinn), der auditive (Hörsinn) und der visuelle (Sehsinn) Sinn weiterentwickelt. Schon allein beim Putzen des Pferdes entsteht Nähe, ein nonverbaler Dialog zwischen zwei Geschöpfen unterschiedlicher Art durch das Berühren.
Durch das Putzen, dem Unterscheiden unterschiedlicher Körperteile und dem unterschiedlichen Putzzeug, dem systmatischen Arbeiten von vorne nach hinten wird schon die Kontakt- und Putzphase Teil der Therapie. Die Tätigkeit rund um das Pferd und mit dem Pferd wird als Gesamtheit verstanden. Die Kinder beginnen Verantwortung zu übernehmen und Verläßlichkeit aufzubauen. Die Kinder werden mit allen Sinnen angesprochen. Pferde sprechen einen über ihren Körper sensorisch und motorisch, durch ihre pferdeeigene Sprache und ihrem Verhalten kognitive und durch ihre Zuneigung und Zuwendung emotionale an. Es beginnt bei der Begrüßung, bei der man schon offen für die Stimmungen des Pferdes sein muß und selber entscheiden muß, inwieweit man auf das Pferd zu gehen, in Kontakt treten, Streicheln, Klopfen oder Schmusen möchte. Vielleicht möchte ich aber die Sache eher langsam angehen, vorerst noch eine Distanz aufrecht erhalten, um meine Ängste abzubauen.
Pferde ermöglichen einem seinen eigenen Weg hierfür zu finden. (Auszüge aus dem Buch „Kinder mit Pferden stark machen: Heilpädagogisches Reiten und Voltigieren“ von Inge-Marga Pietrzak) Jede Stunde therapeutisches Reiten umfaßt neben dem Reiten ausführliche Kontaktaufnahme, Putzen, Satteln und Trensen und Versorgen nach dem Reiten. Das Kind beschäftigt sich ca. eine Stunde intensiv und voller Motivation mit dem Pferd.
Hierfür lernen sie ganz selbstverständlich Verantwortung zu übernehmen, für das Pferd zu sorgen und mit ihm zu kommunizieren.